2) Die Offenbarung Gottes

Der liebe Gott gibt seine Majestät zu erkennen in der Natur und durch seine Offenbarung.

In der Natur, das ist in der sichtbaren Welt, sieht man die Spuren Gottes. Daher weist die Heilige Schrift oft auf die Natur hin, so auf die Gestirne des Himmels, auf die Ameise, die Biene u. dgl. Weil die Natur die Spuren Gottes zeigt, so kommt es, daß fast alle großen Naturforscher fromm und gottesfürchtig waren. Der berühmte Newton, der bei Nennung des Namens Gottes sein Haupt zu entblößen pflegte, soll einmal seine Hand auf das Gras gelegt und ausgerufen haben: »Dieser kleine Fleck Erde genügt mir, um die Majestät Gottes anzustaunen und zu bewundern.« Linné erklärt: »Überall im Reiche der Gesteine, Pflanzen und Tiere finde ich die Spuren eines ewigen, allmächtigen, weisen und liebenden Gottes. Voll Bewunderung und Staunen sinke ich vor ihm in den Staub und bete ihn an.« Der hl. Anton der Einsiedler pflegte die Natur ein Buch zu nennen, worin man die unermeßliche Majestät Gottes lesen kann. Ein zweites Buch, das über die Majestät Gottes noch deutlicher Aufschluß gibt, ist die Offenbarung Gottes, die gewöhnlich die übernatürliche Offenbarung genannt wird, im Gegensatze zur natürlichen, d.i. zur Verkündigung der Majestät Gottes in der Schöpfung.

1) Der liebe Gott hat sich im Verlaufe der Jahrtausende oft den Menschen geoffenbart, d.h. er hat ihnen auf eine außergewöhnliche Weise Mitteilungen gemacht über sich und seine Werke.

Mehrmals und auf vielerlei Weise hat einst Gott zu den Vätern durch die Propheten geredet, jüngst hat er zu uns durch seinen Sohn geredet (Hebr. 1, 1–2). Beispiele solcher Offenbarungen: Gott sprach zu Noe und sandte ihn zu seinen Zeitgenossen; zu Abraham kam Gott in menschlicher Gestalt mit zwei Engeln; zu Moses sprach Gott im brennenden Dornbusche; zu den Israeliten am Berge Sinai bei der Gesetzgebung; in einer Wolke die tagsüber dunkel war und nachts leuchtete, begleitete Gott die Juden beim Zuge aus Äypten ins gelobte Land; in einer Rauchwolke war Gott im heiligen Zelte und dann im Tempel zu Jerusalem zugegen. Gott sprach zum Christenverfolger Saulus vor Damaskus. Die wichtigste Offenbarung geschah durch den Sohn Gottes, Jesus Christus, der 33 Jahre auf Erden war. Durch diese Offenbarungen wurden den Menschen Mitteilungen gemacht über die Eigenschaften und Ratschlüsse Gottes, über den Willen Gottes, über die Bestimmung des Menschen u. dgl.

2) Die Offenbarung wurde gewöhnlich nur einzelnen auserwählten Männern zuteil, die sie dann ihren Mitmenschen zu verkünden hatten.

Gott redete in der Regel nur zu einzelnen Männern, z.B. zu Noe, zu Abraham und dessen Nachkommen, zu Moses, weil er bei diesen reinen Sinn vorfand (hl. Chrysostomus). Den Noe sandte Gott zu den vor der Sündflut lebenden lasterhaften Menschen, den Moses hinwieder sandte er zu den bedrängten Israeliten und zu Pharao. Gott wollte also nie, daß seine Offenbarungen geheim bleiben. Ausnahmsweise redete Gott zu vielen Menschen auf einmal, so bei der Gesetzgebung auf Sinai (hier sprach er zum ganzen israelitischen Volk) und bei der Taufe Jesu. (Hier ließ Gott Vater die Worte hören: »Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe«.) – Auch durch Engel offenbarte sich Gott; so sandte er Raphael zu Tobias. – Wenn Gott zu den Menschen redete, so nahm er eine sichtbare Gestalt an, z.B. die eines Engels, eines Menschen, oder er redete aus einer Wolke (so am Berge Sinai), aus dem Feuer (so zu Moses aus dem brennenden Dornenbusch), im strahlenden Licht (so zu Paulus), im Säuseln des Windes (so zu Elias) oder durch innere Erleuchtung (4. Mos. 12, 6–8). – Jene Männer, denen sich Gott offenbarte, und die dann vor anderen »Zeugnis ablegen« (Joh. 1 ,7) mußten, nennt man gewöhnlich »Gottgesandte«. Gott wählte sich hierzu meistens nur sittlich vollkommene Geschöpfe und rüstete diese mit der Gabe der Wunder und Weissagungen aus, damit man ihren Worten glaubte. Man denke an die Wunder des Moses vor Pharao, an die Wunder der Propheten und Apostel.

3) Verkünder der göttlichen Offenbarung waren insbesondere folgende Männer: die Patriarchen, die Propheten, dann der Sohn Gottes Jesus Christus (Hebr. 1, 1) und die Apostel.

Die Offenbarung ist gewissermaßen die Erziehung des Menschengeschlechtes. Was die Erziehung dem einzelnen Menschen ist, ist die Offenbarung dem ganzen Menschengeschlecht. Die ganze Offenbarung entspricht daher den stufenweise aufeinanderfolgenden Bedürfnissen des menschlichen Alters: der Kindheit, des Jünglingsalters und des Mannesalters. Die Patriarchen, die eine mehr kindliche Natur hatten, bedurften weniger Gesetze, und Gott verkehrte freundlich mit ihnen; das Volk der Israeliten, bei dem sich wie beim Jüngling Eigendünkel und Sinnlichkeit vorfanden, mußte durch beständige Belehrung und harte Gesetze erzogen werden; als aber Gott wollte, daß die Menschheit ins Mannesalter treten sollte, hörten die harten Gesetze auf, und Gott gab durch seinen Sohn das Gesetz der Liebe (1 Kor. 13, 11; Gal. 3, 24). – Unter allen Verkündigern der Offenbarung legte der Sohn Gottes das getreueste Zeugnis ab; er war der »getreue Zeuge« (Off. 1, 5) und ist deshalb in die Welt gekommen, um der Wahrheit Zeugnis zu geben (Joh. 18, 37). Was er redete, redete er so, wie es ihm der Vater gesagt hat (Joh. 12, 50). Er konnte getreuer und deutlicher reden, als alle anderen, weil er als der eingeborene Sohn im Schoße des Vaters ist, daher, wie niemand anderer, Gottes Wesen sieht (Joh. 1, 8). Er spricht: »Den Vater kennt niemand als der Sohn, und wem es der Sohn offenbaren will« (Matth. 11, 27). Er gab Zeugnis von dem, was er gesehen, aber die Menschen nahmen sein Zeugnis nicht an (Joh. 3, 11). Auch die Apostel waren Verkündiger der Offenbarung. Sie sollten Zeugnis geben von dem, was sie gesehen, insbesondere von der Auferstehung des Erlösers (Apg. 10, 39 ff.), und zwar nicht nur in Jerusalem, in ganz Juda und Samaria, sondern bis an die Grenzen der Erde (Ap. 1, 8). Daher erklärte auch der hl. Paulus, sein Amt bestehe darin, Zeugnis zu geben für das Evangelium (Apg. 20, 24).

4) Mit dem Tod der Apostel war jene Offenbarung abgeschlossen, die an die ganze Menschheit ergehen sollte, um die wahre Religion zu gründen.

Die späteren Offenbarungen Gottes an einzelne Menschen sind keine Fortsetzung jener Offenbarung, auf der unser Glaube beruht.

5) Die Offenbarung Gottes war notwendig, weil die Menschen nach der Erbsünde ohne eine Offenbarung Gott und dessen Willen nie richtig erkannt hätten; auch deswegen, weil die Menschheit auf den Erlöser vorbereitet werden mußte. Durch die Erbsünde und durch sinnliche Ausschweifungen war die Vernunft der Menschen getrübt, so daß sie Gott aus seinen Werken nicht mehr zu erkennen imstande waren (Weish. 9, 16). Das zeigt die Geschichte der heidnischen Völker. Diese verehrten Tausende von Gottheiten, darunter sogar lasterhafte Menschen, Tiere und Bildsäulen und zwar auf sittenlose, ja grausame Weise; man denke z.B. nur an die Menschenopfer. Ihre Götter dachten sie sich mit allen Schwächen und Lastern behaftet, ja sogar als die Beschützer dieser Laster. Sogar die größten Geister des Altertums fielen in schwere Irrtümer (Cicero billigt den Selbstmord, Plato die Aussetzung der Kinder, die Verachtung der Leute anderer Nationalität, die Trunkenheit zu Ehren der Götter; betreffs der Schöpfung irren alle). Die meisten erkannten ihr Elend und bekannten offen, daß sie mit ihrer Vernunft über Gott und göttliche Dinge nichts Sicheres auffinden können, und daß Gott selbst eingreifen und seinen Willen mitteilen müsse; so Sokrates und Plato. – Ohne eine vorausgegangene Offenbarung Gottes hätte ferner die Menschheit den Erlöser weder erkannt, noch gebührend geehrt. Gleichwie ein König der Stadt, in der er feierlich einziehen will, schon lange zuvor seine bevorstehende Ankunft anzeigt, so hat es auch Gott gemacht.

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