Franz Spirago: Katholischer Volks-Katechismus

6) Der christliche Glaube

Glauben heißt: Etwas deswegen für wahr halten, weil es ein glaubwürdiger Zeuge bestätigt. Ein Missionar aus Europa erzählt den Leuten am Äquator, daß in seiner Heimat das Wasser im Winter fest werde, so daß ein Elefant über den Fluß gehen könnte. Die Leute halten das fast für unmöglich, weil sie so etwas noch nicht gesehen haben und sich das auch nicht vorstellen können. Weil sie aber den Missionar als einen rechtschaffenen und aufrichtigen Mann kennen, so halten sie seine Worte für wahr, das heißt: Sie glauben. – Viele Wissenschaften beruhen nur auf dem Glauben, so die Geographie, Geschichte, Naturgeschichte, ebenso die Rechtsprechung bei Gericht. Der Schüler schenkt dem Lehrer und der Richter den Zeugen Glauben. Der Glaube ist auch eine Grundlage des geschäftlichen Lebens; denn die Geschäftsleute gewähren Kredit (von credo = glauben), d.h. sie borgen, da sie der Versicherung des Käufers, in einer bestimmten Frist zu zahlen, Glauben schenken. Ähnlich verhält es sich auch mit den Wahrheiten der christlichen Religion. Wir halten das für wahr, was Christus gelehrt hat. Diesen Glauben nennen wir den »christlichen Glauben«.

1) Der christliche Glaube ist die durch Gottes Gnade erlangte feste Überzeugung, daß alles wahr ist, was Jesus gelehrt hat, und was in seinem Auftrag die katholische Kirche lehrt.

Beim Letzten Abendmahl sagte Christus: »Das ist mein Leib«, »Das ist mein Blut«. Obwohl den Aposteln ihre Augen sagten: »Das ist Brot«, »Das ist Wein«, waren sie dennoch fest überzeugt, daß die Worte Christi wahr sind. Die Heiligkeit des Lebens Christi, die vielen Wunder, die er gewirkt hatte, die verschiedenen Weissagungen Christi, die bereits in Erfüllung gegangen waren, hatten den Aposteln die Gewißheit verschafft, daß er der Sohn Gottes ist, und daß daher die Wahrheit seiner Worte nicht im mindesten bezweifelt werden kann. Der hl. Paulus sagt daher: »Ich weiß, wem ich geglaubt habe« (2 Tim. 1, 12). Der Glaube ist eine feste Überzeugung von dem, was man nicht sieht (Hebr. 11, 1). Der protestantische Theologe Schleiermacher († 1834) irrt, wenn er meint, der Glaube sei ein »unbestimmtes Suchen«.

Der christliche Glaube macht das eigene Denken nicht überflüssig; denn der christliche Glaube ist Sache der Vernunft und des Willens zugleich.

Pius IX. sagt: »Die Vernunft geht dem Glauben voraus.« (Fides posterior est ratione) Bevor jemand glaubt, untersucht er erst, ob das, was er glauben soll, wirklich von Gott kundgemacht sei. Dieses Untersuchen will Gott, denn er verlangt einen vernünftigen Dienst (Röm. 12, 1) und erklärt den für leichtsinnig, der schnell glaubt (Sir. 19, 4). Hat man aber einmal die Gewißheit erlangt, daß das zu Glaubende wirklich von Gott geoffenbart ist, dann soll sich der Wille dem Ausspruch Gottes unterwerfen, selbst wenn die betreffende Lehre von der Vernunft nicht begriffen werden kann. Allerdings kann sich der Wille auch widersetzen, und dann gelangt man nicht zum Glauben. »Denn es kann niemand glauben, wenn er nicht will« (hl. Augustinus).

2) Der christliche Glaube bezieht sich auf solche Dinge, die wir mit unseren Sinnen nicht wahrnehmen oder mit unserm Verstande nicht begreifen können.

Wenn man etwas mit den Sinnen wahrnehmen (z. B. sehen, hören, fühlen) kann, so ist der Glaube überflüssig; desgleichen wenn man etwas mittelst des Verstandes erfassen kann, z.B. 2 x 2 = 4. Die Wahrheiten der Religion dagegen erfordern den Glauben; denn die meisten Wahrheiten der Religion sind übersinnlich, d.h. mit den Sinnen nicht wahrnehmbar, so Gott, Seele, Engel; viele sind sogar unbegreiflich, so das Geheimnis der hl. Dreifaltigkeit und das Altarssakrament. Dies kommt daher, weil Gott unendlich ist und daher mit unserem schwachen Verstand nicht erfaßt werden kann. – Gerade deshalb, weil wir das glauben, was wir weder sehen noch begreifen können, ist der Glaube so verdienstlich und Gott wohlgefällig. Daher sagt Christus zu Thomas: »Selig sind die, welche nicht sehen und doch glauben« (Joh. 20, 29). – »Glauben« darf nicht mit »Meinen« (= Mutmaßen) verwechselt werden. »Meinen« heißt: Etwas nicht sicher wissen; »glauben« aber heißt: Etwas sicher wissen, weil es Gott gesagt hat.

3) Wir handeln nicht unvernünftig, wenn wir christlich glauben, weil wir uns nämlich auf die Wahrhaftigkeit Gottes verlassen; ferner weil wir sicher wissen, daß die Lehren unserer Religion von Gott geoffenbart sind.

Manche sagen, es sei unvernünftig, das zu glauben, was man nicht sieht. Nach diesem Grundsatz wäre aber jeder Unterricht unmöglich; denn man dürfte dann auch nicht dem Lehrer glauben, wenn er in Geographie, Geschichte oder Naturgeschichte Unterricht erteilt. Dann wäre auch eine Rechtsprechung unmöglich, denn der Richter dürfte den Zeugen vor Gericht nicht Glauben schenken. Ja, dann würde auch das Familienband gelockert; denn die Kinder würden (wie der hl. Augustinus sagt) ihren Eltern nicht glauben, daß sie die Eltern sind. Dann müßte man auch alle Leute für Toren halten, die glauben, daß es ein London, Paris, Rom und andere Städte gibt, die sie noch nie gesehen haben; ebenso jene, die glauben, daß auch während des Tages Sterne am Himmel sind. Obiger Grundsatz ist also falsch. Nur soviel ist wahr, daß jener Mensch unvernünftig wäre, der jemandem sofort Glauben schenkte, ohne sich überzeugt zu haben, ob der betreffende auch glaubwürdig ist. Wer aber (wie Thomas) glaubwürdige Zeugen vor sich hat und trotzdem nicht glaubt, der handelt töricht. – Manche sagen, es sei unvernünftig, etwas zu glauben, was man mit der Vernunft nicht begreifen kann. Nun, wollte man alles, was man nicht begreifen kann, als unvernünftig verwerfen, so müßte man auch sehr viele wissenschaftliche Entdeckungen für vernunftwidrig halten, z.B. wenn die Wissenschaft mit dem Mikroskop nachweist, daß sich in einem Wassertropfen viele Tausende Lebewesen befinden. Daraus, daß eine Wahrheit unbegreiflich ist, folgt noch nicht, daß sie unvernünftig ist. »Wenn also auch manche Lehren Christi unsere Vernunft übersteigen, so sind sie deswegen nicht gegen die Vernunft« (Erstes Vatikanisches Konzil). Die Vernunft hat uns Gott gegeben, die Lehren Christi und der Kirche hat uns ebenfalls Gott mitgeteilt. Gott kann aber sich selbst nicht widersprechen. Wer die Lehren Christi und der Kirche nicht versteht oder wer nicht gehörig nachdenkt, findet allerdings einen Widerspruch (Erstes Vatikanisches Konzil 3, 4). Bischof Korum von Trier sagt: Oberflächlich betrachtet, erscheint die katholische Religion und Kirche wie die bemalten Fenster einer Kathedrale, wenn man sie von außen betrachtet; es erscheint keine Harmonie und man sieht kein Bild. Erst wenn man eintritt und das Fenster von innen betrachtet, sieht man das schöne Bild. Ebenso sollen die Feinde der Kirche unserer Religion näher treten, dann wird ihnen die Herrlichkeit der Kirche ersichtlich werden.« Bako sagt treffend: »Etwas Philosophie entfernt von der Religion, sehr viel Philosophie führt zu ihr zurück.« Und der Dichter Beda Weber († 1858): »Das halbe Denken führt zum Teufel, das ganze Denken führt zu Gott.«

Es ist nicht wahr, daß die Lehren der Religion mit den Ergebnissen der Wissenschaft im Widerspruch stünden.

Manche sagen, die Lehren der Religion seien der Wissenschaft entgegen. Allerdings einer seichten und oberflächlichen Wissenschaft. Wie kommt es, daß gerade die tüchtigsten Gelehrten, die sich durch ihre Entdeckungen um die Menschheit verdient gemacht haben, fast durchweg kindlich fromm und gläubig waren? Man denke an Newton, Kepler, Kopernikus, Linné, Ampère u.a. Der durch seine medizinischen Erfolge berühmte Pasteur zu Paris († 1895) hat erklärt: »Durch mein Studium bin ich jetzt zum Glauben des Bauers der Bretagne gekommen.« Diese Männer wären durch ihre Studien nicht so fromm geworden, wenn sie gefunden hätten, daß die Lehren der Religion und der Wissenschaft miteinander im Widerspruch stünden. Man bedenke auch, daß die Naturwissenschaft meistens nur Hypothesen aufstellt, die wie eine Mode nach einiger Zeit wieder verlassen und durch neue ersetzt werden. Wie kann da ein Widerspruch zwischen Religion und Wissenschaft stattfinden? Wegen der vielen Hypothesen gerät die Naturwissenschaft sogar zuweilen mit sich selbst in Widerspruch; z.B. die Physik lehrt, das Licht entstehe durch Schwingungen des Äthers, der den Weltraum erfüllt. Die Astronomie aber behauptet mit Bestimmtheit, daß sich im Weltraum auch nicht der feinste Stoff vorfinde, weil die Planeten und Kometen bei ihren Bewegungen im Weltraum nicht den geringsten Widerstand finden (so Faye, Hirn u.a.). Also hat die Wissenschaft nicht immer sichere Resultate! Übrigens beachte man, daß Religion und Wissenschaft bis auf die Schöpfungsgeschichte und Sintflut fast gar keine Berührungspunkte haben. Prof. Dr. Plate, der Nachfolger Hückels an der Universität in Jena, sagt: Die Materialisten und Atheisten finden im Kampf gegen die Grundanschauungen des Christentums keine Stütze in den Ergebnissen der Naturwissenschaft (Aufsatz über Weltanschauung in »Mittel-Deutsch. Ztg.«, 1923).

4) Wir handeln ganz vernünftig, wenn wir den Worten Christi glauben, weil Christus der Sohn Gottes ist, der weder irren noch lügen kann; ferner weil Christus durch seine Auferstehung und durch viele Wunder die Wahrheit seiner Worte bestätigt hat.

Ein Kurzsichtiger glaubt einem Menschen mit schärferen Augen, daß sich ein Luftballon in der Höhe befindet, obwohl er diesen nicht sieht. Ein Blinder glaubt den Menschen mit gesunden Augen, daß auf der ihm vorgelegten Karte Städte, Flüsse, Berge abgebildet sind, obwohl er sie nicht sieht und durch Betasten nicht fühlt. Wir selbst glauben, daß es ein Rom, Paris, London gibt, wiewohl wir nie dort waren und vielleicht im Leben nie hinkommen werden. Alle diese Leute handeln vernünftig, weil glaubwürdige Zeugen diese Wahrheiten bestätigen. Noch viel vernünftiger handelt aber derjenige, welcher Gott glaubt. Denn Menschen können sich irren oder können lügen, Gott nicht. Und da Christus der Sohn Gottes ist, so kann er weder irren noch lügen. Der hl. Augustin sagt: »Es wäre eine Gotteslästerung, wenn man glauben wollte, unser Herr, der die Wahrheit selbst ist, habe in einem einzigen Stücke gelogen«. Wenn wir daher den Worten Christi glauben, so haben wir noch größere Sicherheit, als wenn wir die betreffende Sache mit unseren Sinnen wahrnehmen würden. Der hl. Klemens Hofbauer sah ein Bild an der Wand und sprach: »Mehr glaube ich, daß ein Gott in drei Personen ist, als daß dieses Bild an der Wand hängt. Meine Sinne können mich täuschen, Gott aber nicht.« – Christus beruft sich selbst zur Bestätigung der Wahrheit seiner Worte auf seine Wunder, denn er sagt: »Wenn ihr mir (d.h. meinen Worten) nicht glauben wollet, so glaubet den Werken« (Joh. 10, 38). Das größte Wunder Christi ist die Auferstehung von den Toten; dadurch hat Christus den Hauptbeweis der Wahrheit seiner Lehre geliefert. Daher sagt der hl. Paulus, unser Glaube wäre vergeblich, wenn Christus nicht auferstanden wäre (1 Kor. 15, 17).

5) Wir handeln vernünftig, wenn wir der Lehre der Kirche glauben, weil die Kirche vom Hl. Geist geleitet und vor Irrtum bewahrt wird, und weil Gott bis auf den heutigen Tag noch immer durch Wunder bestätigt, daß die katholische Kirche die Wahrheit lehrt.

Christus sprach vor seiner Himmelfahrt zu den Aposteln: »Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt« (Matth. 28, 20). Und beim Letzten Abendmahl: »Ich will den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Tröster geben, damit er in Ewigkeit bei euch bleibe, den Geist der Wahrheit« (Joh. 14, 16). Der Hl. Geist ist also so wie am Pfingstfeste noch jetzt im Haus der Apostel, d.i. in der Kirche. – Wunder läßt Gott in der katholischen Kirche noch bis heute geschehen. Man denke an die unzähligen Wunder am Wallfahrtsort zu Lourdes in Frankreich. Mehrere der ersten Wunder, die dort geschahen, schrieb der erblindete und 1862 durch Lourdeswasser plötzlich geheilte Pariser Advokat Heinrich Lasserre 1868 nieder in seinem Buch Unsere Liebe Frau von Lourdes. Dieses Buch hat schon viele Freidenker bekehrt. Einige der neuesten Wunder erzählt genau Dr. Boissarie, Direktor der ärztlichen Klinik in Lourdes, im Buch: Boissarie, Die großen Heilungen von Lourdes. Man beachte auch, daß jeder Selig- und Heiligsprechung Wunder vorausgehen müssen; diese sind, da jedes Wunder streng geprüft wird, ein genügender Beweis, daß noch bis heute in der katholischen Kirche Wunder geschehen. Man berücksichtige ferner die vielen unversehrten Leiber der Heiligen, z.B. des hl. Franz Xaver, hl. Johannes vom Kreuz, hl. Leonardo von Porto-Maurizio, hl. Felix von Kantalizio, der hl. Theresia, hl. Klara, hl. Katharina von Bologna, hl. Maria Magdalena von Pazzi, hl. Elisabeth von Portugal, hl. Klara von Monte-Falcone, hl. Margareta von Cortona, sel. Maria Taigi, sel. Bernadette, Seherin von Lourdes u.a. (In der Schrift: Spirago, Mehr Glaube!, ab Seite 26 ist genau angegeben, wo sich diese Leiber befinden.). Auch einzelne Glieder von den Leibern mancher Heiligen sind unversehrt, so die Zunge des hl. Johannes v. Nepomuk und die des hl. Anton von Padua, das Herz des hl. Vinzenz von Paul und das der hl. Hildegard, der rechte Arm des hl. Stefans, König von Ungarn, die unversehrte Hand der hl. Emma. (Genaues darüber in: Spirago, Mehr Glaube!, Seite 27). Diese Leiber sind aber keineswegs einbalsamiert worden; die meisten ruhten jahrelang in der Erde und bis zur Stunde verbreiten sie nicht den mindesten üblen Geruch, sondern manche sogar zeitweise einen Wohlgeruch; auch sind diese Körper nicht etwa steif, sondern biegsam. – Weltbekannt ist auch das Wunder im Dom zu San Gennaro in Neapel, wo das Blut des unter Diokletian im Jahre 305 enthaupteten hl. Bischofs Januarius von Benevent aufbewahrt wird. (Siehe darüber in Spirago, Beispiel-Sammlung, 6. Auflage, S. 233 ff.).

6) Der christliche Glaube erstreckt sich auf alle Lehren der katholischen Kirche.

Wer nur eine einzige Lehre der katholischen Kirche nicht glaubt, dessen Glaube ist wertlos. Denn wer den einen Worten Christi Glauben schenkt, den anderen Worten aber nicht, der glaubt eigentlich nicht, daß Jesus Christus Gottes Sohn ist und daß er die katholische Kirche leitet.

Der Glaube eines solchen Menschen ist ebenso wertlos, wie ein Haus, dessen Grundmauer wankt. Die Glocke verliert den Klang, wenn in ihr nur ein kleiner Sprung ist. Ein einziger Mißton zerstört die Harmonie. Ähnlich verhält es sich mit dem Glauben; wird nur eine Glaubenswahrheit zurückgewiesen, so ist der ganze Glaube wertlos. Sowie der hl. Jakobus sagt: »Wer das ganze Gesetz hält, jedoch nur ein Gebot übertritt, verschuldet sich an allen« (Jak. 2, 12), so kann man auch hier sagen: Wer nur eine Glaubenswahrheit verwirft, versündigt sich gegen alle. Aus diesem Grund kann man nicht sagen, daß die Ketzer den christlichen Glauben besäßen. Weil sie sich aber den christlichen Glauben ebenfalls zuschreiben, so nennen wir den wahren christlichen Glauben, der nur in der katholischen Kirche zu finden ist, auch den christ-katholischen Glauben.

Obgleich man alle Lehren der katholischen Kirche glauben muß, so braucht man trotzdem nicht alle zu wissen, um selig zu werden.

Wissen muß ein katholischer Christ mindestens soviel, daß ein Gott ist, und daß Gott jeden Menschen gerecht richten wird; ferner daß ein Gott in drei Personen ist, und daß die zweite göttliche Person Mensch geworden ist und uns erlöst hat.

Der Paulus sagt: „Wer zu Gott kommen will, muß glauben, daß er sei, und daß er die, welche ihn suchen, belohne« (Hebr. 11, 6). Die Kenntnis der Lehre von der h. Dreifaltigkeit war vor der Ankunft Christi nicht notwendig, wohl aber eine wenn auch minder klare Kenntnis des kommenden Erlösers (Lehmkuhl).

Wer aber Gelegenheit hat, sich im christlichen Glauben unterrichtenzu lassen, muß außerdem noch wissen: den Wortlaut und den Sinn des apostolischen Glaubensbekenntnisses, die Gebote Gottes und der Kirche, die wichtigsten Dinge von den Gnadenmitteln und das Gebet des Herrn.

Er muß also den Katechismus in seinen Grundzügen verstehen; so verlangt es die Kirche.

7) Der christliche Glaube ist ein Geschenk Gottes, weil die Fähigkeit zum Glauben nur durch Gottes Gnade erlangt wird.

Es glaube niemand, daß er durch bloßes Studium zum Glauben gelangen könne. Der Glaube ist eine Gabe Gottes (Eph. 2, 8). Daher flehten die Apostel zu Christus: »Herr, vermehre uns den Glauben« (Luk. 17, 5). Gott gibt uns den Glauben schon bei der Taufe; daher heißt die Taufe das »Sakrament des Glaubens« (Konzil von Trient, 6, 7). Gott gibt uns nämlich bei der Taufe gleichzeitig mit der heiligmachenden Gnade die Fähigkeit zum Glauben oder die Tugend des Glaubens. Solange jedoch der Neugetaufte noch nicht zum Vernunftgebrauche gekommen ist, kann er von dieser Fähigkeit keinen Gebrauch machen und seinen Glauben noch nicht betätigen. Dieses geschieht erst nach erlangtem Vernunftgebrauch unter Einwirkung der Gnade und des christlichen Unterrichtes. – Der Sünder hinwieder erlangt die Fähigkeit zum Glauben durch die Buße. Weil aber Gott seine Gnaden den Erwachsenen nicht ohne deren Mitwirkung verleiht (Konzil von Trient, 6, 7), so ist von seiten des Sünders eine gewisse Vorbereitung notwendig.

Insbesondere verleiht Gott den christlichen Glauben folgenden Menschen: 1) Denen, die erstlich nach Wahrheit streben; 2) die ein gottesfürchtiges Leben führen; 3) die Gott um den wahren Glauben bitten.

Wer ernstlich nach Wahrheit strebt, gelangt sicher zum Glauben. Denn Christus sagt: »Selig sind, die Hunger und Durst haben nach der Gerechtigkeit; denn sie werden gesättigt werden« (Matth. 5, 7). Ferner sagt Gott: »Wenn ihr mich von ganzem Herzen suchet, so will ich mich von euch finden lassen« (Jer. 29, 14). Die Wahrheit dieser Worte erfuhr der nach Wahrheit strebende Philosoph Justinus (†166), den ein Greis am Tiber auf die erhabenen Lehren der christlichen Religion aufmerksam machte und bekehrte (Siehe Spirago, Beispiele, 6. Auflage, S. 43). – Auch der gelangt zum Glauben, der ein gottesfürchtiges Leben führt. Durch gute Werke erlangt man nämlich die Gnade Gottes und somit die Erleuchtung des Verstandes. Daher sagt Christus, daß, wer den Willen Gottes erfüllt, erkennen werde, daß seine Lehre von Gott ist (Joh. 7, 17). Die Wahrheit zeigt sich unreinen Seelen nicht, einem wahrhaft reinen Herzen kann sie sich nicht verbergen (hl. Bernard). Wenn auch jemand, der in Wäldern und unter wilden Tieren aufgewachsen wäre, nur seiner Vernunft folgen und das Gute tun und das Böse meiden würde, so kann man sicher annehmen, daß ihm Gott das zu glauben Notwendige mitteilen werde, entweder durch innere Erleuchtung oder durch Zusendung eines Glaubensboten (hl. Thomas von Aquin). So sandte Gott dem Kornelius, einem heidnischen Hauptmann zu Cäsarea, einen Glaubensboten, den hl. Petrus. (Apg. 10) – Auch der wird zum Glauben gelangen, der Gott um den wahren Glauben bittet. Christus spricht: »Wer bittet, empfängt; wer suchet, der findet; wer klopft, dem wird aufgetan werden« (Matth. 7, 8). Der Protestant Graf Friedrich Stolberg († 1819) erkannte nach siebenjährigem Gebet die Wahrheit des katholischen Glaubens und wurde ein berühmter katholischer Schriftsteller (Spirago, Beispiele, 6. Auflage, S. 44). – In seiner Barmherzigkeit verleiht Gott den christlichen Glauben zuweilen sogar Feinden der wahren Religion, wie die Bekehrung des hl. Paulus beweist. »Doch verleiht Gott diese außerordentliche Gnade nur denen, die bei ihrem Irrtume eine gute Absicht hatten« (hl. Alphonsus). Oft verdanken Glaubensseinde ihre Bekehrung dem fürbittenden Gebete von Verwandten oder Freunden.

Wenn der liebe Gott einem Menschen den christlichen Glauben verleiht, so bedient er sich entweder eines gewöhnlichen Mittels, wie der Predigt, oder manchmal eines außerordentlichen Mittels, eines Wunders.

Gewöhnliche Mittel sind außer der Predigt noch das Lesen religiöserBücher und die Belehrung durch den Mitmenschen. Der hl. Augustinus kam nach und nach zum Glauben durch Anhörung der Predigten des hl. Ambrosius, Bischofs zu Mailand, der hl. Ignatius von Loyola durch das Lesen der Lebensgeschichte Christi und der Heiligen, der hl. Philosoph Justinus der Märtyrer durch Belehrung, die er von einem Greis am Tiber erhielt. – Außergewöhnlicher Mittel bediente sich der liebe Gott namentlich zu Beginn des Christentums, seltener heutzutage. Die Hirten auf den Fluren Bethlehems ließ Gott durch einen Engel über den Erlöser belehren; die hl. Drei Könige wurden wieder durch Erscheinung eines außergewöhnlichen Sterns zum Glauben an Christus geführt; der hl. Paulus durch eine wunderbare Stimme und ein Licht vom Himmel (Ap. 9); der Kerkermeister zu Philippi durch Erschütterung und Öffnung des Gefängnisses (Ap. 16, 16); Kaiser Konstantin der Große durch die Erscheinung des leuchtenden Kreuzes am Himmel (im Jahre 312); der hl. Eustachius († 120), ein römischer Feldherr, und der hl. Hubert († 727) durch einen Hirsch, in dessen Geweih ein leuchtendes Kreuz zu sehen war (Spirago, Beispiele, Nr. 7); der berühmte Missionar Alphons Ratisbonne, vorher Jude und Handelsreisender aus dem Elsaß, durch eine Erscheinung der Mutter Gottes in der Kirche St. Andrea zu Rom im Jahre 1812 (Spirago, Beispiele, S. 678); der erblindete Pariser Advokat Lasserre, späterer Geschichtsschreiber der Wunder von Lourdes, durch Heilung seiner Augen mittels Lourdeswassers im Jahre 1862.

Manche Menschen gelangen aber nie zum christlichen Glauben, weil ihnen der gute Wille fehlt oder weil sie hoffärtig sind.

Manche Menschen können nicht zum Glauben gelangen, weil ihnen der gute Wille fehlt (hl. Augustinus). Wie der liebe Gott allen Leuten das Licht der Sonne gibt, so will er auch allen das Licht des Glaubens geben (hl. Augustinus). Christus, das Licht der Welt, erleuchtet einen jeden Menschen, der in diese Welt kommt, durch den Hl. Geist (Joh. 1 ,9). Allein die Menschen weisen das in sie eindringende Glaubenslicht zurück; sie wollen nicht glauben, weil sie sonst ihr schlechtes Leben ändern müßten. Sie lieben die Finsternis mehr, als das Licht (Joh. 3, 19); sie sündigen also gegen den Hl. Geist. So taten es die Phariser zur Zeit Christi. – Auch hoffärtige Leute kommen nicht zum Glauben aus folgenden Gründen: Dem lieben Gott ist es eigen, sich schlichter Mittel zu bedienen, wenn er jemanden zum Glauben führen will; daran nehmen nun hoffärtige Leute Anstoß und gelangen daher nicht zum Glauben. So kam Christus nicht nur in Niedrigkeit und Armut, sondern noch dazu absichtlich aus der kleinen Stadt Nazareth, da sagten die Juden: »Was kann aus Nazareth Gutes kommen?« (Joh. 1, 46) und verachteten Jesu Worte. Zu dem ansehnlichen Volk der Römer schickte Gott deren Untertanen, Juden, die noch dazu ungebildete Männer waren, als Glaubensprediger. Zum König Herodes und zum Hohen Rate in Jerusalem schickte Gott Heiden, nämlich die hl. Drei Könige, als Verkündiger der Geburt Christi. Ähnlich macht es Gott noch bis heute. Er läßt insbesondere jene Kirche, die die Wahrheit verkündet, im Zustand der Niedrigkeit und Verfolgung. Der Schatz des göttlichen Wortes ruht also mit Recht im schlichten Acker (Matth. 13, 44). Daher kein Wunder, daß hoffärtige Leute zuschanden werden. Den Weisen und Klugen verbirgt Gott seine Geheimnisse (Matth. 11, 25). Gott widersteht den Hoffärtigen (1. Pet. 5, 5).

8) Der christliche Glaube ist durchaus notwendig, um die Seligkeit zu erlangen und verdienstliche Werke zu verrichten.

Ohne Glauben keine Seligkeit. Christus sagt: »Wer nicht glaubt, der wird verdammt werden« (Mark. 16, 16). Wer hier nicht wandelt im Glauben, wird jenseits nicht gelangen zum Schauen (hl. Augustinus). Ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen (Hebr. 11, 6). So wie Petrus untersank, als er zu zweifeln begann (Matth. 14, 30), ebenso geht der dem ewigen Verderben entgegen, der den Glauben verliert. Der Glaube gleicht der Rauchsäule, die die Israeliten durch die Wüste ins Gelobte Land führte (hl. Justinus), oder dem Stern, der den hl. Drei Königen den Weg zu Christus zeigte. – Auch gibt es ohne Glauben keine verdienstlichen Werke. Wie der Baum ohne Wurzel keine Früchte tragen kann, so kann der Mensch ohne Glauben keine guten Werke verrichten. Und wie die Wurzel nicht allein bleibt, sondern Pflanzen aus sich hervortreibt, ebenso bringt der Glaube gute Werke hervor. – Der Glaube hält zur Zeit der Versuchung von der Sünde zurück; das sieht man im Leben des ägyptischen Josef. Wie der Leuchtturm den Schiffer aufmerksam macht auf die Klippen und ihn deshalb vor dem Untergang schützt, so macht uns der Glaube auf das ewige Unglück aufmerksam, in das wir uns durch die Sünde stürzen. Der hl. Paulus sagt, daß man mit dem Schild des Glaubens alle feurigen Pfeile des Bösewichtes auslöschen könne (Eph. 6, 16). So wie ein Schild die Soldaten gegen die Feinde, so schützt uns der Glaube gegen die Angriffe des Teufels (hl. Bonaventura). Der Glaube schützt auch in der Not vor Verzweiflung. – Nach der Größe des Glaubens richten sich auch die Gnaden, die uns Gott spendet. Das beweisen schon die Krankenheilungen Christi. Wo der Glaube größer war, heilte Christus schneller und wunderbarer; deshalb fragte er oft vor der Krankenheilung erst nach dem Glauben. Man beachte auch Christi Worte: »Dein Glaube hat dir geholfen« (Matth. 9, 22). Das Konzil von Trient sagt: »Der Glaube ist der Anfang des menschlichen Heiles, die Grundlage und Wurzel der ganzen Rechtfertigung« (Konzil von Trient, 6, 8).

9) Der Glaube allein genügt aber nicht zur Seligkeit; man muß auch nach dem Glauben leben und ihn äußerlich bekennen.

Auf einem hölzernen Pferd kann man nicht nach Rom reiten; so kann man mit einem toten Glauben nicht in den Himmel kommen. Unser Glaube muß lebendig sein, d.h. er muß gute Werke hervorbringen. Christus sagt: »Nicht ein jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Himmelreich eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters tut, der im Himmel ist« (Matth. 7, 21). Wer keine Werke der Barmherzigkeit verrichtet hat, wird beim Weltgericht von Christus verdammt werden (Matth. 25, 41). Sein Glaube gleicht dem der bösen Geister; denn auch diese glauben, handeln aber schlecht (Jak. 2, 19). Gleichwie der Leib ohne Geist tot ist, also ist auch der Glaube ohne Werke tot (Jak. 2, 26). Der Glaube ohne Werke gleicht einem Baum ohne Früchte (hl. Chrysostomus). Wer zwar glaubt, aber keine guten Werke hat, gleicht den törichten Jungfrauen, die Lampen ohne Öl hatten (hl. Gregor der Große). Gute Werke, die für den Himmel verdienstlich sind, kann nur jener Mensch verrichten, der Gottesliebe und daher die heiligmachende Gnade besitzt (siehe die Lehre von der heiligmachenden Gnade und die von den guten Werken). Daraus ergibt sich: Nur der Glaube führt zur Seligkeit, der mit der Gottesliebe verbunden ist. Deshalb sagte der hl. Paulus: »Wenn ich alle Glaubenskraft hätte, so daß ich Berge versetzen könnte, hätte aber die Liebe nicht, so wäre ich nichts« (1 Kor. 13, 2). – Auch ist es notwendig, daß wir unseren Glauben äußerlich bekennen. »Denn mit dem Herzen glaubt man zur Gerechtigkeit, und mit dem Munde geschieht das Bekenntnis zur Seligkeit« (Röm. 10, 10). Zu denen, die ihren Glauben nicht bekannt haben, wird Gott am Tage des Gerichtes sprechen: »Wahrlich, ich sage euch, ich kenne euch nicht« (Matth. 25, 12). Der Mensch besteht aus Seele und Leib, soll also nicht nur innerlich, sondern auch äußerlich Gott ehren. Auch wird er schon von Natur aus dazu gedrängt, das äußerlich kundzugeben, wovon er innerlich überzeugt ist. Über das Bekenntnis des Glaubens wird später eingehender gehandelt werden.

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