Franz Spirago: Katholischer Volks-Katechismus

3) Die Religion

Das Wort »Religion« wird gewöhnlich abgeleitet vom lateinischen »religare« (verbinden), bedeutet daher die Verbindung oder das Verhältnis zwischen Gott und dem Menschen. (Es ist bemerkenswert, daß schon die Heiden ihren obersten Priester »pontifex«, d.i. Brückenbauer, nannten, da er gewissermaßen die Verbindung mit Gott herstellen sollte.) Das Wort »Religion« verwechselt man mitunter mit dem Wort Konfession oder Bekenntnis (confiteri = bekennen), weil sich Religion und Bekenntnis der Religion voneinander nicht trennen lassen.

1) Die Religion ist die Erkenntnis Gottes und ein dem Willen Gottes entsprechender Lebenswandel und Gottesdienst.

Die Religion ist keineswegs (wie Kant und Lessing vermuten) Sache des bloßen Wissens, also eine bloße Kenntnis religiöser Dinge. Sonst wären ja auch die Teufel religiös; denn diese wissen, was Gott will, handeln aber verkehrt. Die Religion zeigt sich namentlich in der Befolgung der göttlichen Vorschriften; sie ist also insbesondere auch Sache des Willens und der Tat. Daher spricht Christus: »Nicht ein jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Himmelreich eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters tut, der im Himmel ist« (Matth. 7, 21). Auch jene sind im Irrtum, die (wie der protest. Theologe Schleiermacher, † 1834) behaupten, die Religion sei nur eine Sache des Gefühls. Hätte z.B. jemand Mitgefühl mit einem Notleidenden, würde ihm aber nicht helfen, so hätte dieses Gefühl keinen Wert. Ähnlich verhält es sich hier.

2) Die Lehren der Religion sind ganz kurz im Katechismus enthalten.

Der Katechismus ist das wertvollste unter allen Büchern. Er ist wie ein Edelstein, klein aber wertvoll. Der Wiener Prediger Zacharias Werner († 1823), ein Freund des hl. Klemens Hofbauer, nahm öfters den Katechismus auf die Kanzel und sprach zum Volke: »Sehet dieses unansehnliche, aber goldene Büchlein! Es birgt alle Schätze der Weisheit in sich« (Spirago, Beispiele). Wäre dem Sokrates, Plato oder anderen heidnischen Philosophen des Altertums der Katechismus in die Hände gekommen, welch Staunen würde diese Männer ergriffen haben; denn darin hätten sie die Beantwortung aller jener Fragen gefunden, nach der sie so sehnlich verlangten. Der Katechismus zerfällt in 3 Teile: Die Lehre vom Glauben, von den Geboten und von den Gnadenmitteln. Im 1. Teil des Katechismus erscheint also Christus als Lehrer, im 2. als König, im 3. als Hohepriester. Mit der Erklärung des Katechismus beschäftigt sich die Religionslehre. Gleichwie das Sonnenlicht alle anderen Lichter an Glanz übertrifft, so ist die Religionslehre die erste unter allen Wissenschaften, weil sie in erster Linie das ewige Wohl des Menschen anstrebt, während die anderen Wissenschaften zunächst nur das irdische Wohl des Menschen bezwecken. Die Religion beantwortet die wichtigsten Fragen des Lebens; sie gibt Aufschluß auf die Fragen: Wozu bin ich auf der Welt? Was geschieht mit mir nach dem Tode? Woher ist die Welt? u.s.w. Solange der Mensch auf diese Fragen nicht die richtige Antwort gefunden hat, bleibt er unwissend und unzufrieden. Man beachte, daß die gesamten Religionswahrheiten innerlich zusammenhängen; sie gleichen einem Gebäude. Was hier Fundamente, sind dort die Grundwahrheiten (Dreifaltigkeit, Menschwerdung, Erbsünde u.s.w.). Und wie dort die Ziegel aufeinander ruhen, so geht hier immer eine Religionswahrheit aus der anderen hervor oder hängt mit ihr zusammen. Was dort die Mauern, sind hier die drei Teile: Glaubenslehre, Sittenlehre und die Lehre über den Gottesdienst. »Der ganze Katechismus ist ein innerlich wunderbar zusammenhängendes System geoffenbarter Grundwahrheiten« (Ketteler).

3) Die christliche Religion verdankt ihren Ursprung der göttlichen Offenbarung.

Der wahre Gott ist im Verlauf der Jahrtausende öfters mit den Menschen in Verkehr getreten und hat ihnen verschiedene Mitteilungen gemacht. Aufgrund dieser Mitteilungen (Offenbarungen) Gottes ist die wahre Religion entstanden. Daher ist die Behauptung der Freigeister, daß die Religion eine Erfindung der Priester sei, falsch, wenigstens insofern es sich um unsere christliche Religion handelt, die nicht Menschen, sondern Gott selbst, nämlich seiner Offenbarung, ihr Entstehen verdankt. Manche sagen, die Religion sei eine Folge der Furcht vor den Naturkräften, also ein Angstprodukt. Nun, Blitz, Donner u. dgl. sind wohl imstande, den Gedanken an eine höhere Macht zu wecken, aber keineswegs Ehrfurcht vor Gott, d.h. Furcht und Liebe zugleich, hervorzurufen.

4) Die Religion ist eine natürliche Anlage und ein Bedürfnis des Menschen.

Der Schöpfer hat jedem Menschen die Anlage und das Bedürfnis für die Wahrheit ins Innere hineingelegt. Daher ist auch jeder Mensch innerlich veranlagt und befähigt, Gott zu erkennen und zu lieben. Wie durch Schlagen an den Stein der Funke hervorkommt, so gelangt der Mensch unter den verschiedenen Eindrücken von außen, z.B. durch Betrachtung des gestirnten Firmamentes, der weisen Einrichtung in der Schöpfung, zur Erkenntnis und Verehrung des Schöpfers. Wie die Lunge zum Atmen da ist, so ist der Mensch zur Erkenntnis und Liebe Gottes da. Weil die Gottesverehrung Naturtrieb ist, bringt der Gottesleugner den Gedanken an Gott nicht aus dem Sinn. Deshalb fehlt auch jedem Menschen, der von Gott nichts wissen will, die innere Zufriedenheit.

5) In den Grundsätzen der wahren Religion sind keine Verbesserungen mehr möglich.

Manche verlangen Fortschritt auf dem Gebiet der Religion. Doch ebensowenig wie man das Einmaleins vervollkommnen kann, ebensowenig die christkatholische Religion. Diese ist unwandelbar wie das 1X1 und daher nicht verbesserungsfähig. Der Fortschritt muß beim Menschen sein, insofern sich der Mensch von der Religion verbessern läßt und in allen Tugenden fortschreitet. Nur auf diese Weise kann die Religion zur vollen Blüte gelangen. Es ist daher ein großer Irrtum, zu meinen, daß sich die Religion nach dem Zeitgeist zu richten habe. Das Ewige bleibt für alle Zeiten maßgebend und läßt sich durch den Zeitgeist nicht ändern.

6) Die Religion soll eine Richtschnur für all unser Tun und Lassen sein.

Manche meinen, es genüge, wenn sie z.B. am Sonntag die Kirche besuchen oder bei gewissen feierlichen Anlässen die Religion zum Ausdruck bringen; dann können sie wieder tagelang gedankenlos in den Tag hineinleben. Solche Leute betrachten die Religion wie ein Feiertagskleid, das man dann und wann anzieht und für die ganze Woche im versperrten Schrank liegenläßt. Die Religion soll vielmehr das ganze menschliche Leben regeln, alle unsere Gedanken, Worte und Werke, da sich darüber der Mensch einst wird verantworten müssen.

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