Franz Spirago: Katholischer Volks-Katechismus

8) Verlust des Glaubens

Der christliche Glaube ist der Weg zum Himmel. Leider befinden sich aber nicht alle auf diesem Weg, viele wandeln auf Irrwegen.

Den christlichen Glauben haben nicht:

1) Die Ungläubigen, d.h. jene, die die geoffenbarten Lehren kennengelernt haben und sie trotzdem zurückweisen.

Ungläubig war einmal auch der Apostel Thomas; dieser wollte trotz der Versicherung seiner Mitapostel die Auferstehung des Heilands nicht glauben, solange er nicht seine Finger in die Wunden der Hände Christi und seine Hand in die Seitenwunde Christi legen könne (Joh. 20, 25). Gleichwie Thomas wollen manche Menschen nur das glauben, was sie sehen, mit Händen greifen und etwa mit den Zähnen kauen können; alles andere verwerfen sie. »Der Unglaube ist ein sandiger Boden, der keine Frucht bringt, wenn er auch noch soviel Regen empfängt« (hl. Chrysosotomus). Der Ungläubige fügt dem lieben Gott ein großes Unrecht zu, weil er seinen Worten nicht einmal jenen Glauben schenken will, wie seinen Mitmenschen. Diesen glaubt er, was sie ihm erzählen; Gottes Wort aber beurteilt er mißtrauisch. »O, wie viel müssen die Ungläubigen glauben, um nicht zu glauben!« (hl. Klemens Hofbauer).

Der Unglaube kommt zumeist von mangelnder Erfahrung, von Hoffart oder vom schlechten Lebenswandel her.

Mangelnde Erfahrung ist oft die Ursache des Unglaubens. Wenn man den Wilden erzählen würde von den wunderbaren Erfindungen der Gegenwart, z.B. Eisenbahn, Dampfschiff, Blitzableiter, Telegraph, Telephon, Phonograph, Fernrohr, Röntgenstrahlen usw., so würden sie uns auslachen. Würde man wiederum den Leuten, die am Äquator wohnen, erzählen, daß im Norden das Wasser der Flüsse im Winter so fest wird, daß ein Elefant darübergehen könnte, und daß das Wasser im Winter in weißen Flocken vom Himmel fällt, so würde man von ihnen sicher für einen Narren gehalten werden. Ja, es wird sogar mancher aus unserer Mitte den Kopf schütteln, wenn er z.B. hört, daß sich in einem Tropfen Wasser Tausende von Wesen befinden (und doch sehen wir sie mit dem Mikroskop), daß sich in einem Tröpfchen Blut von der Größe eines Stecknadelkopfes gegen fünf Millionen Blutgefäße befinden; oder wenn gesagt wird, es existiere im Weltmeer ein Fisch (der Walfisch), in dessen Rachen ein kleines Schiff Platz haben kann, und der trotzdem einen so kleinen Schlund hat, daß kaum ein Häring durchgeht. Aber warum glauben manche Menschen denn nicht? Weil ihre Erfahrung zu gering und ihr Eigendünkel und ihre Hoffart zu groß ist. Denn mit der Unwissenheit geht in der Regel die Hoffart Hand in Hand nach dem Sprichwort: »Dummheit und Stolz wachsen auf einem Holz.« Ganz so ist es auch in religiöser Beziehung. Daher sind in der Regel große Gelehrte und Männer der Wissenschaft kindlich fromm und gläubig. Der Hoffärtige mag auch deswegen nicht glauben, weil er sich unterwerfen müßte; denn der Glaube ist ein Unterwerfen unter die Autorität Gottes, gewissermaßen eine Buße der Vernunft.

Auch ein schlechter Lebenswandel ist ein Hindernis des Glaubens. Wer schlecht lebt, faßt die Wahrheit nicht auf. In einem klaren und ruhigen Wasser kann sich die Sonne abspiegeln, keineswegs aber in einem schmutzigen. Ebenso ist es mit dem Menschen; ist dieser sittlich unbescholten, so gelangt er leichter zum Glauben, »ein sinnlicher Mensch aber faßt nicht, was des Geistes Gottes ist« (1 Kor. 2, 14). Ein angelaufener Spiegel zeigt schlecht oder gar nicht. Auch die Seele vermag nicht die Glaubenswahrheiten aufzufassen, wenn sie infolge der Laster getrübt ist. Der Lasterhafte will nicht glauben. Er müßte nämlich, wenn er glaubt, sein Leben ändern; und das will er nicht. Er will lieber die augenblicklichen Freuden und Güter des Lebens, die er sieht, als die künftigen, die er nicht sieht. Papst Paschalis sagt: »Brich mit deiner Leidenschaft und morgen wirst du gläubig sein.« Ein Schulmann (Kehr) sagt sinnreich: »Die Menschen leben nicht so, wie sie denken, sondern sie denken so, wie sie leben.« Ein berühmter Maler (Boucher) sprach vor dem Sterben: »Ich bin nur ungläubig gewesen, weil ich sittlich verdorben war.«

Wer aber im Heidentum erzogen wurde und von der wahren Religion noch nichts gehört hat, dessen Unglaube ist unverschuldet und daher keine Sünde.

Daher sagt Christus: »Wenn ich nicht gekommen wäre und zu ihnen nicht geredet hätte, so hätten sie keine Sünde« (Joh. 15, 22). Es ist deshalb nicht richtig, wenn man die Heiden durchweg Ungläubige nennt.

2) Die Irrgläubigen, d.h. jene, die einzelne geoffenbarte Wahrheiten hartnäckig verwerfen.

Der Irrglaube ist ein verdorbener Glaube. Man könnte ihn mit einem Becher Wein vergleichen, worin einige Tropfen Gift sind. Die Irrgläubigen (Irrgläubigen, weil sie in manchen Glaubenssachen nur irren) sind zu unterscheiden von den Irrlehrern, die andere Menschen zum Irrglauben verführen. Irrlehrer waren z.B. Arius, Priester zu Alexandrien, der die Gottheit Christi leugnete (seinetwegen fand 325 das Konzil von Nizäa statt); Macedonius, Bischof von Konstantinopel, der die Gottheit des Hl. Geistes leugnete (seinetwegen fand 381 das Konzil von Konstantinopel statt); der Priester Johannes Hus aus Prag, der namentlich die Lehre von der Kirche angriff (Konzil von Konstanz, 1414); der Mönch Martin Luther aus Wittenberg, der hauptsächlich die göttliche Einsetzung des Papsttums und die kirchliche Lehrgewalt bestritt (Konzil von Trient, 1545–1563); König Heinrich VIII. von England († 1547), der sich aus Haß gegen den Papst, der dessen gültige Ehe nicht auflösen konnte, zum Oberhaupt der englischen Kirche machte, in England die anglikanische Irrlehre einführte (in Irland gelang es ihm nicht) und die Katholiken furchtbar verfolgte. Wie man sieht, waren es meistens Priester, die Irrlehren ausbreiteten. Leute, die Irrlehren ausbreiten, gleichen den Falschmünzern die kein Recht haben, Geld zu prägen, und die falsches für echtes ausgeben. Christus warnt vor ihnen: »Hütet euch vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen (d.h. schön reden und schmeicheln), inwendig aber reißende Wölfe (d.h. voll Bosheit) sind. An ihren Früchten (d.h. an ihrem Lebenswandel) werdet ihr sie erkennen« (Matth. 7,15) – Zu den Irrgläubigen gehören auch die Schismatiker (die Getrennten), welche eigentlich nur das Oberhaupt der Kirche nicht anerkennen wollen, dabei aber stets in Irrlehren verfallen. Schismatiker sind z.B. die nicht unierten Griechen, die sich im Jahre 1053 auf Anstiften des ehrgeizigen Patriarchen Michael Cerularius von Rom lossagten. – Den Irrlehrern gelten die Worte des hl. Paulus: »Aber wenn auch […] ein Engel vom Himmel euch ein anderes Evangelium verkündigte, als wir euch verkündet haben, der sei verflucht« (Gal. 1, 8).

Wer jedoch aus schuldloser Unwissenheit im Irrglauben lebt, der ist vor Gott kein Irrgläubiger.

Wer also z.B. im Protestantismus erzogen worden ist und nie Gelegenheit hatte, sich gehörig über die Wahrheit der katholischen Religion belehren zu lassen; ist nur dem Namen nach ein Irrgläubiger; denn bei ihm findet sich keine hartnäckige Zurückweisung der erkannten Wahrheit. »Hat er die Gesinnung, alles von Gott Geoffenbarte anzunehmen, so ist er ein Rechtgläubiger« (hl. Augustinus). Er ist ebensowenig ein Irrgläubiger, als der ein Dieb ist, der fremdes Gut besitzt, ohne es zu wissen. Die Protestanten und andere ärgern sich oft darüber, daß sie von uns »Irrgläubige« genannt werden. Sie mögen bedenken, daß sie selbst der Ansicht sind, daß wir Katholiken im Glauben irren.

3) Jene, die Glaubenswahrheiten vorsätzlich bezweifeln.

Es gibt auch einen vernünftigen Zweifel, wenn man Fragen und Bedenken aufwirft, um deren Lösung zu finden. Dieser Zweifel ist eigentlich das Streben, die Wahrheit zu finden, um dann fester glauben zu können. Dagegen unvernünftig ist der Zweifel, wenn man die Wahrheit einer Sache auch dann noch bezweifelt, wenn bereits genügend Gründe zu deren Annahme nötigen. Solcher Glaubenszweifel ist vorsätzlich und hat den Verlust des Glaubens zur Folge. Das Haus muß einfallen, wenn die Grundfesten erschüttert werden (man denke an den Häusereinsturz bei Kohlenbergwerken), ebenso das Gebäude des Glaubens, wenn es durch Glaubenszweifel wankend gemacht wird. Dem Zweifler ergeht es wie dem Petrus auf dem Meer; sobald dieser zweifelte, sank er unter (Matth. 14, 30). Wer von Gott geoffenbarte Wahrheiten vorsätzlich bezweifelt, ist Gott mißfällig. Moses zweifelte, ob Gott sein Versprechen halten und dem murrenden Volk Wasser spenden werde; zur Strafe durfte er nicht mehr ins gelobte Land (4. Mos. 20). Zacharias zweifelte bei der Verkündigung der Geburt Johannes des Täufers, ob die Worte des Engels in Erfüllung gehen werden; zur Strafe verlor er die Sprache (Luk. 1). Man soll, wenn Glaubenszweifel kommen, zum Gebete fliehen und zu Christus rufen wie die hl. Apostel: »Herr! vermehre uns den Glauben« (Luk. 17, 5). Ein gutes Mittel gegen Glaubenszweifel ist das öftere Gebet des Apostolischen Glaubensbekenntnisses und die Erweckung der 3 göttlichen Tugenden.

4) Jene, die sich um die Lehre der Religion nicht kümmern.

Gleichgültigkeit gegen die Religion (Indifferentismus) zeigen oft Menschen, die sonst für gelehrt oder gebildet gehalten werden. Ein Mann der Wissenschaft namens Darwin wurde einmal gefragt, was er von Christus denke; er gab zur Antwort: »40 Jahre beschäftige ich mich nur mit der Untersuchung von Würmern; Studien über Christus anzustellen, hatte ich noch keine Zeit.« Ein armer Gelehrter! Wer sich aus sträflicher Gleichgültigkeit um den Glauben gar nicht kümmert, wird ganz glaubenslos. Es ergeht ihm, wie der Pflanze, die nicht begossen, verdorrt; wie der Lampe, die nicht nachgefüllt, erlischt. Viele kümmern sich nur um das, was irdischen Genuß und Vorteil bringt. Sie sind jene geladenen Gäste des Evangeliums, die des Maierhofes, der Ochsen, des Weibes wegen nicht zum himmlischen Gastmahle gehen wollen (Luk. 14, 16). Sonderbarerweise halten sich solche Leute noch dazu für »aufgeklärt« und blicken mit verachtendem Mitleid auf die herab, die die Pflichten der Religion gewissenhaft erfüllen. Doch gerade sie selbst sind ungebildet und unvernünftig zugleich, weil sie nämlich für die höchsten Güter des Lebens kein Verständnis haben und in der wichtigsten Angelegenheit ihres Lebens unwissend sind. Gott überläßt jene, die die Erkenntnis Gottes verwerfen, verwerflicher Gesinnung (Röm. 1, 28). Weinberge, die lange Zeit nicht gepflegt werden, arten in Hecken und Wälder aus; ebenso nimmt ein Gemüt, das nicht durch religiöse Belehrung ausgebildet wird, ein heidnisches Leben und heidnische Sitte an. (ehrw. Ludwig von Granada). Wer gegen die Religion gleichgültig ist, sage ja nicht, er sei kein Feind Gottes; er beachte Christi Worte: »Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich«(Matth. 12, 30). Die im Glauben gleichgültig sind, werden am Tag des Gerichtes keine Entschuldigung haben und sagen können: »Wir wußten es nicht.« Denn daß sie es nicht wußten, ist ihre eigene Schuld.

Alle Menschen, die durch ihre Schuld ohne den christlichen Glauben sterben, werden nicht selig werden.

Wer keinen Glauben hat, sitzt »im Finstern und im Todesschatten« (Luk. 1, 79). Die Wahrheiten der Religion kommen einem solchen nur wie Fabeln vor (hl. Klemens Hofbauer). Christus sagt: »Wer nicht glaubt, der wird verdammt werden«(Mark. 16, 16), und wieder: »Wer nicht glaubt, ist schon gerichtet« (Joh. 3, 18) – Ausführlich wird über diesen Gegenstand gehandelt in der Schrift Spirago, Mehr Glaube! (88 Seiten).

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