1) Die Hl. Schrift oder Bibel sind 72 Bücher, die teils vor, teils nach Christus von gotterleuchteten Männern auf Antrieb und unter Eingebung des Hl. Geistes niedergeschrieben wurden und als Wort Gottes von der Kirche anerkannt sind.
Der Hl. Geist hat auf die Verfasser der Hl. Schrift in ganz besonderer Weise eingewirkt: er hat sie zum Schreiben angeregt und beim Schreiben geleitet und erleuchtet; sie schrieben deshalb das Wort Gottes nieder. Die Hl. Schrift ist also von Gott eingegeben (2 Tim. 3, 16). Dies folgt aus vielen Reden Christi (Matth. 15, 3; Mark. 12, 36) und aus den Beschlüssen der Konzilien. Das Konzil von Trient (1546) und das Vatikanische (1870) haben ausdrücklich erklärt, daß Gott der Urheber der gesamten Hl. Schrift ist. Der hl. Augustinus sagt: »Es ist so, als ob die eigene Hand Christi die Evangelien niedergeschrieben hätte.« Des hl. Gregor der Große: »Die Hl. Schrift ist ein Sendschreiben Gottes an seine Geschöpfe.« Der hl. Anton der Einsiedler: »Die Hl. Schrift is gleichsam ein Brief, den wir aus unserer Heimat von unserem lieben Vater bekommen haben.« Dieser Brief gibt uns an, was wir tun müssen, um wieder in die Heimat zu gelangen und dort ewig glücklich sein zu können. »Durch die Verfasser der hl. Bücher hat der Hl. Geist gesprochen« (hl. Augustinus). Die Verfasser der hl. Bücher waren gleichsam eine Leier, auf der der Hl. Geist spielte (hl. Justinus). Der Hl. Geist bediente sich ihrer, wie sich ein Orgel- oder Flötenspieler der Orgel oder Flöte bedient (Athenagoras). Doch waren die Verfasser der hl. Bücher nicht etwa tote Werkzeuge; denn ein jeder konnte seine persönlichen Anlagen in seinem Buch zur Geltung bringen. Sie glichen einem Maler, der ein Gebäude, das er am hellen Tage sieht, zwar ganz getreu, aber je nach seiner größeren oder geringeren Kunstfertigkeit und je nach der Verschiedenheit der zu Gebote stehenden Werkzeuge verschieden abzeichnet. – Die Hl. Schrift ist frei von jedem Irrtum. Doch darf man nicht so sehr die Worte der Hl. Schrift, als vielmehr den Sinn dieser Worte ins Auge fassen (hl. Hieronymus). Die Wahrheit liegt nicht so sehr in den Worten, als vielmehr in den Sachen (hl. Augustinus). Man darf sich also an Redensarten wie: »Die Sonne geht auf« nicht stoßen. – Weil die Hl. Schrift das Wort Gottes enthält, so bezeigen wir ihr jederzeit Ehrfurcht; wir stehen aus Ehrfurcht vor dem Wort Gottes bei Verlesung des Evangeliums auf und berühren das Evangelienbuch beim Eid; die Kirche läßt das Evangelium beim Hochamt mit Weihrauch beräuchern, Lichter zu beiden Seiten des Meßbuches anzünden, und es durch den Priester küssen. Das Konzil von Trient bestimmte Strafen gegen jene, welche Worte der Hl. Schrift zu Scherzen oder anderen unheiligen Dingen mißbrauchen (4. Sitzung). Schon die Juden schätzten die Hl. Schrift hoch; sie erduldeten lieber die größten Martern, um nur nicht etwas gegen die Gesetze, die in der Hl. Schrift stehen, tun zu müssen (Flavius Josephus). Denke an die makkabäischen Brüder und an Eleazar.
Die 72 Bücher der Hl. Schrift zerfallen in 45 Bücher des Alten und 27 Bücher des Neuen Testamentes. Beide Abteilungen zerfallen wieder in Geschichts-, Lehr- und prophetische Bücher.
Altes Testament: Die Geschichtsbücher enthalten meistens geschichtliche Erzählungen. Geschichtsbücher sind z.B. die fünf Bücher Moses, welche die Urgeschichte der Menschen, das Leben der Patriarchen und die Geschichte des jüdischen Volkes bis zum Einzug ins Gelobte Land erzählen. Das Buch Josue erzählt die Eroberung des Gelobten Landes. Die Bücher der Könige berichten Begebenheiten aus den Zeiten der jüdischen Könige. Das Buch Tobias erzählt die Lebensgeschichte des Tobias in der Gefangenschaft. Die Bücher der Makkabäer erzählen die Drangsale des jüdischen Volkes zur Zeit des Antiochus und den Freiheitskampf der Juden u.a. – Die Lehrbücher enthalten meistens schöne Lehren. Lehrbücher sind z.B.: das Buch Job, das Geduld predigt; das Buch der Psalmen, das 150 meistens von David verfaßte Lieder enthält, die im Tempel gesungen wurden. Das Buch der Sprichwörter von Salomon. – Die prophetischen Bücher enthalten meistens Weissagungen vom zukünftigen Erlöser. Prophetische Bücher sind die Schriften der vier großen Propheten, Isaias, Jeremias, Ezechiel und Daniel, und die Schriften der zwölf kleinen Propheten, darunter z. B. Jonas, Habakuk. – Neues Testament: Die Geschichtsbücher sind die vier hl. Evangelien und die Apostelgeschichte. – Die Lehrbücher sind 21 Briefe der hl. Apostel, darunter 14 Briefe des hl. Paulus. – Das prophetische Buch ist die Offenbarung (oder Apokalypse) des hl. Johannes, die dieser in der Verbannung auf der Insel Patmos geschrieben hat. Dieses Buch ist äußerst schwer verständlich und schildert die zukünstigen Schicksale der Kirche. Betreffs der Sprache, in der diese Bücher abgefaßt wurden, wäre zu erwähnen: Die Bücher aus der Zeit vor Christus wurden meistens in der hebräischen (d.i. jüdischen), die aus der Zeit nach Christus meistens in der griechischenen Sprache niedergeschrieben. Eine lateinische Übersezung der Hl. Schrift, die vom hl. Hieronymus im Auftrag des Papstes gründlich durchgesehen und stellenweise verbessert wurde (um 400), hat sich in der Kirche allgemein verbreitet und heißt daher Vulgata, d.h. die allgemein verbreitete. Das Konzil von Trient hat sie für die authentische Übersezung des ursprünglichen Textes der Hl. Schrift erklärt. Die deutsche Übersezung der Hl. Schrift von Allioli ist vom Papste approbiert.
Die wichtigsten Bücher der Hl. Schrift sind: die vier hl. Evangelien von Matthäus, Markus, Lukas und Johannes und die Apostelgeschichte von Lukas.
Die vier hl. Evangelien berichten uns das Leben und die Lehren Christi; die Apostelgeschichte berichtet uns namentlich die Wirksamkeit der hl. Apostelfürsten Petrus und Paulus.
Durch die »Vierzahl der Evangelien soll angedeutet werden, daß das Evangelium nach den vier Weltgegenden verbreitet werden soll« (hl. Augustinus). Die vier Verfasser der hl. Evangelien heißen Evangelisten. Zwei von ihnen waren Apostel, nämlich Matthäus (früher ein Zöllner) und Johannes, der Lieblingsjünger Christi, der die Verheißung eines natürlichen Todes erhielt, ein hohes Alter erreichte und als Bischof zu Ephesus starb; Markus war ein Begleiter des hl. Petrus; Lukas (früher ein Arzt) war ein Begleiter des hl. Paulus.
Die Entstehung und der Zweck der Evangelien: Der hl. Matthäus schrieb sein Evangelium für die Juden in Palästina in hebräischer Sprache, und zwar dann, als er im Begriff war, Palästina zu verlassen. Er weist nach, daß Jesus der erwartete Messias ist und zitiert beständig die an Jesus in Erfüllung gegangenen Weissagungen der Propheten. – Der hl. Markus schrieb sein kurzes Evangelium für die Christen in Rom; es enthält wahrscheinlich einen Auszug der Reden des hl. Petrus. Markus schildert Christus als den Sohn Gottes. – Der hl. Lukas schrieb sein Evangelium für einen vornehmen Römer Theophilus, um ihn über das Leben und die Lehren Christi zu unterrichten. Es enthält wahrscheinlich einen Auszug der Reden des hl. Paulus. Dem hl. Lukas verdanken wir die Berichte aus dem Leben der Mutter Gottes und die schönen Gleichnisse Christi. Die Apostelgeschichte schrieb der hl. Lukas ebenfalls an Theophilus. – Der hl. Johannes schrieb sein Evangelium im hohen Alter, um gegen die damaligen Irrlehrer nachzuweisen, daß Jesus Christus der liebe Gott selbst ist. Er führt meistens Reden Christi an, aus denen die Gottheit Christi hervorgeht.
Die Zeit der Abfassung: Die hl. Evangelisten schrieben wahrscheinlich in derselben Ordnung, in der sich die hl. Evangelien in der Hl. Schrift befinden und zwar: Matthäus um das Jahr 40 n.Chr.; Markus und Lukas einige Jahre vor der Zerstörung Jerusalems, also vor 70; Johannes um das Jahr 90. Aber erst im 2. Jahrhundert wurden diese Bücher zu einem Buch vereinigt.
Aus der innern Beschaffenheit der hl. Evangelien läßt sich nachweisen, daß sie von Jüngern Christi geschrieben sind und die Wahrheit berichten. Außerdem läßt sich aus den ältesten Abschriften, Übersetzungen und Zitaten der hl. Evangelien nachweisen, daß im Laufe der Zeit an ihnen nichts geändert worden ist. (Die hl. Evangelien sind also echt, glaubwürdig und unverfälscht.)
Aus der inneren Beschaffenheit der hl. Evangelien erkennt man, daß sie von Jüngern Christi geschrieben sind. Wenn man die griechisch geschriebenen Evangelien zur Hand nimmt, so erkennt man bald, daß sie von Juden geschrieben sind. Denn die Verfasser behalten in der griechischen Sprache hebräische Ausdrucksweisen bei. Sie sagen z.B. »Der Herr sah (statt: hörte) den Lärm« (Mark. 5, 38); sie nennen den menschlichen Körper »Fleisch« (Joh. 6, 52), die Seele »Hauch«, das Gewissen »Herz« (Röm. 2, 15). – Die Verfasser müssen vor der Zerstörung Jerusalems (vor 70) geschrieben haben; denn sie haben eine sehr genaue Kenntnis jüdischer Orte, Personen und Begebenheiten. Männer, die im 2. Jahrhundert geschrieben hätten, also zu einer Zeit, wo Jerusalem zerstört und Palästina durch Krieg ganz verwüstet war, hätten diese Kenntnis nicht haben können. Auch erwähnen die ersten drei Evangelien noch nichts von der Zerstörung Jerusalems. – Die Verfasser mußten ungelehrte Männer gewesen sein; denn sie erzählen in einfachen Sätzen, überhaupt so, wie schlichte Leute reden. – Die Verfasser mußten das Erzählte selbst gesehen und gehört haben; denn sie erzählen äußerst lebendig und anschaulich. Die Verfasser geben sogar in den Büchern ihre Namen an. – Auch äußere Zeugnisse sprechen für die Echtheit der Evangelien. Die ältesten Kirchenschriftsteller nennen schon diese Evangelien und zitieren Stellen daraus; ähnlich taten es sogar die Irrlehrer. Endlich haben wir die Bestätigung von den ältesten Kirchengemeinden. – Aus der inneren Beschaffenheit der hl. Evangelien erkennt man, daß deren Verfasser die Wahrheit sagten. Denn die Verfasser erzählen ganz ruhig und leidenschaftslos (sie zeigen keine Entrüstung über die Feinde Christi, kein Erstaunen über die Wunder Christi u. dgl.); sie verschweigen nicht ihre eigenen Fehler; sie berichten Sachen, die ihnen Verfolgungen, ja sogar Martern zuziehen mußten (wer lügt wohl zu seinem eigenen Nachteil?); alle entwerfen von Christus das nämliche Bild, obwohl sie an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten schrieben; die scheinbaren Widersprüche (z.B. betreffs der Stunde der Kreuzigung, der Engel am Grab, des heidnischen Hauptmannes zu Kapharnaum) zeigen, daß sich die Verfasser nicht verabredet haben; endlich ist es ganz unmöglich, ein so erhabenes Charakterbild, wie das des Heilandes ist, zu erfinden. – An den hl. Evangelien wurde im Laufe der Zeit nichts geändert. Alle Abschriften (in den berühmtesten Bibliotheken liegen gegen 700 Abschriften des Urtextes, von denen manche aus dem 4. Jahrhundert stammen) und alle Übersetzungen der Hl. Schrift aus den ältesten Zeiten (namentlich aus dem 2. Jahrhundert die syrische »Peschito« und die lateinische »Itala«, aus dem Jahre 370 die gothische Übersezung des Bischofs Ulfilas, die jetzt zu Upsala liegt, u.a.) stimmen mit unserer heutigen Hl. Schrift vollkommen überein. Also ist durch 17 Jahrhunderte an der Bibel nichts geändert worden. – In den ersten zwei Jahrhunderten ist eine Änderung auch nicht geschehen. Denn in dieser Zeit wurde die Hl. Schrift in den einzelnen Christengemeinden beim Gottesdienst gelesen (so berichtet der h. Justin um 138) und hier strenge kontrolliert. Wer wäre wohl imstande gewesen, alle Handschriften der Welt gleichzeitig und in gleicher Weise umzuändern? – Auch finden sich in den Schriften der christlichen Schriftsteller der ersten Jahrhunderte so zahlreiche Zitate aus der Hl. Schrift, daß man aus ihnen die hl. Bücher fast zusammenstellen könnte. Alle diese Zitate stimmen aber mit unserer heutigen Bibel vollkommen überein. – Das Alte Testament insbesondere konnte schon deswegen nicht geändert werden, weil es sich zugleich auch in den Händen der Juden befand, die in ihrer Strenge sogar alle Buchstaben genau gezählt hatten. – Der allmächtige Gott, der die Hl. Schrift entstehen ließ, wird sicher auch sorgen, daß dieses sein Werk unversehrt bleibe. »Gott, der seit 6.000 Jahren das glänzende Sonnenlicht erhalten hat, hat auch die Macht, das Glaubenslicht, das er in den hl. Büchern aufgestellt hat, unversehrt zu erhalten. So wenig er die Sonne nur für die ersten Eltern erschuf, ebensowenig hat er die Hl. Schrift nur für die ersten Christen schreiben lassen« (Deharbe).
Das Lesen der Hl. Schrift ist katholischen Christen erlaubt und auch sehr üblich; doch soll nur ein solcher Text gelesen werden, der vom Papst gutgeheißen und mit Anmerkungen versehen ist (Benedikt XIV., 13. Juni 1757).
Alles, was geschrieben steht, ist zu unserer Belehrung geschrieben (Röm. 15, 4). In der Hl. Schrift lernt man Gott richtig kennen, man sieht seine Allmacht (denke an die Schöpfungsgeschichte und an die vielen Wunder in der Bibel), seine Weisheit (denke an die Leitung des Menschengeschlehtes und einzelner Männer), seine Güte (denke an die Menschwerdung und an das Leiden Christi) u.s.w. Hier sieht man die erhabensten Tugendbeispiele (denke an Abraham, Josef, Tobias, Job, Moses und namentlich an Christus) und wird deshalb mächtig angespornt zur Ausübung des Guten. Die Hl. Schrift gleicht somit einer Kriegstrompete, die den Mut der Soldaten aneifert (hl. Ephräm). Sie zeigt uns den Weg zur Seligkeit, wie ein Leuchtturm den Schiffern am gefahrvollen Meer den Weg in den sicheren Hafen zeigt. – Die Hl. Schrift zeigt uns alle schlimmen Folgen des Lasters und warnt uns vor der Sünde. (Denke an den Sündenfall im Paradies, an die Zerstörung Sodomas, an die Sintflut, an das Ende der Söhne des Heli, des Absalom, des Judas, des Herodes und anderer.) Dabei zeigt sie uns wie ein Spiegel das Böse an und lehrt es uns verbessern (hl. Hieronymus). Liebe die Kenntnis der Hl. Schrift und du wirst die Laster des Fleisches nicht lieben (hl. Hieronymus). Das Lesen in der Hl. Schrist erzeugt reine Seelen (hl. Hieronymus). Alles, was der Mensch Nützliches anderswo erlernen kann, findet er in der Hl. Schrift, und vieles Nützliche, was er sonst nirgends vorfindet, trifft er hier in Fülle an (hl. Augustinus). In der Hl. Schrift kann man nie auslernen; man findet trotz wiederholten Lesens in ihr immer wieder Neues, weil nämlich in sehr vielen ihrer Worte ein vielfacher Sinn liegt. Die Hl. Schrift gleicht einem Acker, der nie abgeerntet werden kann, daher nie leer und öde daliegt (hl. Ephräm); sie gleicht einer Quelle, die beständig fließt und um so reichlicher strömt, je mehr man daraus schöpft (h. Chrysostomus). Die Hl. Schrift ist eine gute Weide; wenn wir das öfters verkosten, was darin geschrieben steht, so werden wir genährt und gestärkt (hl. Ambrosius). – Wer aber die Hl. Schrift lesen und verstehen will, muß den Geist in sich haben, von dem die Verfasser erfüllt waren, sonst wird er in den Sinn der Worte nicht eindringen (hl. Bernard). Der Hl. Geist muß ihm den Sinn aufschließen (Luk. 24, 45).
Es ist uns aus folgenden zwei Gründen nicht erlaubt, jeden beliebigen Bibeltext zu lesen: 1. Die unveränderte Hl. Schrift und ihre richtige Erklärung ist nur in der katholischen Kirche zu finden; 2. die Hl. Schrift ist größtenteils schwer verständlich.
Nur in der katholischen Kirche ist die unveränderte Hl. Schrift und die richtige Auslegung der Hl. Schrift zu finden (Konzil von Trient, 4. Sitzung). Denn nur den Aposteln und ihren Nachfolgern, den Bischöfen, also der katholischen Kirche, hat Christus den Hl. Geist versprochen (Joh. 14); nur der katholischen Kirche hat er versprochen, daß die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen werden (Matth. 16, 18). Daher kann die Hl. Schrift, aus der die katholische Kirche die Lehren schöpft, unmöglich verändert sein. Die Irrlehrer dagegen haben in ihren Bibeltexten einzelne Stellen der Hl. Schrift zu ihren Gunsten verdreht oder auch Bücher und Stellen, die ihnen nicht paßten, ganz weggelassen; so ließ Luther den Brief des hl. Jakobus weg, weil hier gesagt wird, daß der Glaube ohne die Werke tot ist. Es soll daher kein Katholik die lutherische Bibel lesen. – Die Hl. Schrift ist größtenteils schwer verständlich. Sag einmal, ob du die Episteln, die am Sonntag bei der Pfarrmesse gelesen werden, gut verstehst? Wahrscheinlich nicht; denn der hl. Petrus sagt selbst, daß die Briefe des Paulus schwer verständlich seien (2. Petr. 3, 16). Sogar ein hl. Augustinus erklärt: »In der Hl. Schrift sind weit mehr Dinge, die ich nicht verstehe, als die ich verstehe.« Weder die Propheten noch der Heiland haben die göttlichen Geheimnisse so deutlich ausgesprochen, daß sie von einem jeden verstanden werden können (Clemens von Alexandria). Die verschiedenen Lehrer haben deshalb selbst in einen und denselben Satz der Hl. Schrift die verschiedenartigste Bedeutung hineingelegt. Daher ist es notwendig, daß die katholische Kirche im Bibeltext den Sinn schwer verständlicher Worte erkläre. »Wo ein Gesezbuch ist, muß auch eine Behörde sein, die es in zweifelhaften Fällen erklärt. Die Behörde, die Gott zur Aufbewahrung und Erklärung der Hl. Schrift bestellt hat, ist die katholische Kirche« (Deharbe). Denn ihr gab er den Hl. Geist (Joh. 14 und 16). Das Kind trägt die geschenkte Nuß zur Mutter, damit ihm diese die Schale zerbreche; der Christ eilt zur Kirche, damit ihm diese den Sinn der Hl. Schrift erschließe (hl. Ephräm). Nur der Kirche kommt es zu, über den wahren Sinn und die Erklärung der Hl. Schrift zu entscheiden (Konzil von Trient, 4. Sitzung). Daher soll der katholische Christ nur eine solche Bibel lesen, die mit Anmerkungen versehen ist und sonach die Auslegung der Kirche enthält.
2) Jene von Gott geoffenbarten Lehren, die in der Hl. Schrift nicht niedergeschrieben, sondern nur mündlich der Nachwelt übergeben wurden, nennt man mündliche Überlieferung oder Tradition.
Die hl. Apostel hatten von Christus nicht etwa den Befehl, alles niederzuschreiben, sondern den Befehl, alles zu predigen (Matth. 28, 19). Daher schrieben nur wenige, und diese waren meistens durch die Notwendigkeit hiezu gezwungen. Ihre Berichte sind sehr unvollständig; denn sie berichten meistens nut die Taten und Wunder Christi, sehr wenig aber von der Lehre Christi. Die Verfasser der hl. Bücher erklären auch ausdrücklich, daß sie nicht alles niedergeschrieben haben, sondern vieles den Christen bloß mündlich mitteilen (2 Joh. 12; 1 Kor. 11, 2). Der hl. Johannes sagt geradezu zum Schluß seines Evangeliums: »Es ist aber noch vieles andere, was Jesus getan hat; wollte man dieses einzeln aufschreiben, so glaube ich, würde die Welt die Bücher nicht fassen, die zu schreiben wären« (Joh. 21, 25). – Wir sind also auf die mündliche Überlieferung angewiesen. Durch die mündliche Überlieferung wissen wir nun z.B., daß Christus sieben Sakramente eingesetzt hat, daß der Sonntag zu heiligen ist, daß es ein Fegefeuer gibt, daß die Kindertaufe erlaubt ist; nur durch die Überlieferung wissen wir, welche Bücher zur Heiligen Schrift gehören u. dgl. Wenn die Protestanten sagen, sie halten sich nur an die Bibel, so widersprechen sie sich durch die Sonntagsheiligung, denn in der Bibel steht nichts von einer Sonntagsheiligung, wohl aber von einer Sabbatsheiligung. – Das, was in der ganzen Kirche zu allen Zeiten beobachtet worden ist, stammt von den hl. Aposteln (Vinzenz von Lerin). Wenn wir eine kirchliche Lehre in der Hl. Schrift nicht finden, können wir sie sicher finden auf dem Weg der Tradition. Sowie die, denen die Wasserleitung versiegt, sich immer mehr der Quelle nähern und auf diesem Wege untersuchen, wie weit das Wasser fließt, so können es auch wir machen: wir können den geschichtlichen Quellen der Lehre früherer Jahrhunderte nachforschen und da werden wir auf die betreffende Lehre stoßen (hl. Cyprian).
Die mündliche Überlieferung findet sich meistens in den Schriften der hl. Väter, in den Beschlüssen der Konzilien, in den Glaubensbekenntnissen und Gebeten der Kirche.
Jene Männer, die sich durch große Gelehrsamkeit und Heiligkeit des Lebens ausgezeichnet und in den ersten Zeiten des Christentums gelebt haben, heißen heilige Väter. Solche waren z.B. der hl. Philosoph Justinus zu Rom, der eifrige Verteidiger der christlichen Religion († 166), der hl. Irenäus, Bischof von Lyon († 202), der hl. Cyprian, Bischof von Carthago († 258) u.a. Manche unter ihnen (sieben) waren Schüler der Apostel und heißen apostolische Väter, wie z.B. der hl. Ignatius, Bischof von Antiochien († 107) und der hl. Polykarpus, Bischof von Smyrna († 167). – Männer, die sich durch große Gelehrsamkeit und Heiligkeit ausgezeichnet, aber in den späteren Zeiten gelebt haben, pflegt man Kirchenlehrer zu nennen. Es gibt vier große griechische und vier große lateinische Kirchenlehrer. Die griechischen sind: der hl. Athanasius, Bischof von Alexandrien († 373), der hl. Basilius, Bischof von Cäsarea in Kappadozien († 378), der hl. Gregor, Bischof von Nazianz in Kappadozien († 389) und der hl. Johann Chrysostomus (d.i. Goldmund), Bischof von Konstantinopel († 407). Die lateinischen sind: der hl. Ambrosius, Bischof von Mailand († 397), der hl. Augustinus, Bischof von Hippo in Nordafrika († 430), der hl. Hieronymus, Priester und Übersetzer der Hl. Schrift († 420) und der hl. Gregor der Große, Papst und Verbesserer des Kirchengesanges († 604). – Es gibt ferner vier große Kirchenlehrer aus der Zeit des Mittelalters: der hl. Anselm, Erzbischof von Canterbury in England († 1109), der hl. Bernard, Abt von Clairvaux und großer Verehrer der Mutter Gottes († 1153), der hl. Thomas von Aquin, Dominikaner († 1274) und der h. Bonaventura, Franziskaner († 1274). In der Neuzeit ragen hervor: der hl. Franz v. Sales, Bischof von Genf († 1622) und der hl. Alphons von Liguori, Bischof von Sankt Agatha bei Neapel, Stifter des Redemptoristenordens († 1787). – Die Kirche nennt alle Männer von großer Gelehrsamkeit und Heiligkeit, deren Schriften sie gutgeheißen hat, Kirchenlehrer (also auch die hl. Väter); jene Männer aber, die sich zwar durch Gelehrsamkeit ausgezeichnet haben, deren Schriften aber nicht ganz gutgeheißen werden konnten oder deren Leben nicht wahrhaftig heilig war, Kirchenschriftsteller. Solche waren z.B. Origines, Leiter der Katechetenschule in Alexandrien († 254), Tertullian, Priester zu Karthago († 240).
Über Konzilien siehe bei der Lehre von der Kirche; über die Glaubensbekenutnisse siehe bei der Lehre vom Glauben. – Die Gebete der Kirche sind zu finden in den Meßbüchern und in den Büchern, die bei der Ausspendung der Sakramente und Sakramentalien gebraucht werden und Rituale heißen. In den Meßbüchern findet man z.B., daß man stets bei der Messe für die Verstorbenen betete. Auf was läßt das schließen?