6) Auf Erden keine vollkommene Glückseligkeit!

»Wie kann es da ein glückseliges Leben geben, wo es überhaupt nicht einmal ein Leben gibt!« (hl. Augustinus). Wie könnte man in einer Stadt, wo die Pest ausgebrochen ist, glücklich sein? Dasselbe gilt von dieser Erde. Wie könnten wir auf dieser Erde wahrhaft glücklich sein, wo jeden Augenblick der Tod auf uns wartet.

1) Irdische Güter, als Reichtum, Ehre, Genüsse können uns allein nicht glücklich machen; denn sie können unsere Seele nicht sättigen, verbittern uns oft das Leben und verlassen uns endlich beim Tod.

Die irdischen Güter und Genüsse sind nur scheinbare Güter und können unsere Seele nicht sättigen. Unser Geist braucht nämlich ebenso Nahrung, wie der Leib: er kann durch nichts Körperliches gesättigt werden, ebenso wie der Leib durch nichts Geistiges (Ketteler). Daher sagt Christus zur Samariterin: »Jeden, der von diesem Wasser trinkt, dürstet wieder« (Joh. 4, 13). »Nur durch Erkenntnis der Wahrheit und durch ein heiliges Leben kann der Mensch die Ruhe des Herzens finden« (hl. Augustinus). – Irdische Güter und Genüsse verbittern oft schon an und für sich das Leben. »Das Ende der Lustbarkeiten ist der Anfang der Trauer« (Spr. 14, 13). Die irdischen Güter und Genüsse gleichen den Dornen; wer sein Herz an sie hängt, verursacht sich in gleicher Weise Schmerzen, wie ein Mensch, der die Dornen fest in der Hand hält (hl. Chrysostomus). Sowie sich alles süße Wasser der Flüsse ins bittere, salzige Meer ergießt, so verwandelt sich jede süße Erdenfreude später in Bitterkeit (hl. Bonaventura). Die verbotenen Genüsse der Welt aber gleichen den giftigen Beeren, welche eine kostbare Speise zu sein scheinen, aber genossen uns große Schmerzen verursachen, ja oft den Tod bringen. »Die Welt ist eine Feindin ihrer Freunde« (Segneri). Die irdischen Güter verlassen uns im Tode. Wir können uns beim Tode nichts mitnehmen (1 Tim. 6, 7). Die Welt vergeht mit ihrer Lust (1 Joh. 2, 17). Salomon ruft aus: „O Eitelkeit der Eitelkeiten, und alles ist eitel« (Pred. 1, 2). Genußsüchtige Menschen fürchten sich daher sehr vor dem Tode. Der heidnische Philosoph Epikur behauptete, der Mensch sei zum Zweck auf der Erde, um das Leben zu genießen. Dieser Mann lebte auch nach diesem Grundsatz. Cicero, der ihn kannte, erklärte: »Ich habe noch keinen Menschen gesehen, der so große Furcht vor dem Tode gehabt hätte wie Epikur.«

Die irdischen Güter sind nur deswegen da, damit sie uns zur Erreichung der ewigen Glückseligkeit behilflich seien.

Gott allein ist das Ziel und die Geschöpfe sind uns von ihm gegeben worden, damit sie der Weg zu ihm seien (Tauler). Die ganze Schöpfung ist eine Leiter, und jedes Geschöpf ist eine Stufe daran, um zu Gott zu gelangen (Weninger). Die irdischen Güter gleichen einem Zündhölzchen. Dieses ist nur ein Mittel, um Licht zu machen; wer es aber zu lange in der Hand hält, verbrennt sich die Finger. So sind auch die irdischen Güter nur ein Mittel, um sich das Licht der ewigen Seligkeit zu erwerben; wer bei ihnen zu lange verweilt, zieht sich die Brandwunden der ewigen Verdammnis zu (Weninger). Die irdischen Güter sollen wir also nur gebrauchen, insoweit sie uns in der Erreichung unseres höchsten Zieles unterstützen; insoweit sie uns aber in der Erreichung unseres höchsten Zieles hindern, sollen wir uns von ihnen loszumachen suchen (hl. Ignatius von Loyola). Die irdischen Güter sind dazu bestimmt, uns, nicht aber wir ihnen zu dienen (hl. Alphonsus). Wir sollen also die Welt so gebrauchen, als gebrauchten wir sie nicht (1 Kor. 7, 31).

2) Nur das Evangelium Christi ist imstande, uns schon auf Erden teilweise glücklich zu machen; denn wer die Lehren Christi befolgt, wird innere Zufriedenheit finden.

Durch Kenntnis und Befolgen der Lehren Christi gelangt man zur wahren Zufriedenheit. Daher sagt Christus zur Samariterin: »Wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird nicht mehr dürsten in Ewigkeit« (Joh. 4, 14). Ferner bei Verheißung des Altarssakramentes in der Synagoge zu Kapharnaum: »Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern« (Joh. 6, 35). Wer die wahre Zufriedenheit hat, den können irdische Leiden nicht mehr wahrhaft unglücklich machen. Dagegen ohne Zufriedenheit gibt es kein wahres Glück; gleichwie alle irdischen Güter dem Menschen keine Freude machen können, wenn im Lande Krieg ist. – Während nun Christus jenen, die seine Lehre kennen und befolgen, Zufriedenheit und somit wahres Glück verspricht, stellen andere ein anderes Evangelium auf: Die Epikuräer wollen die Menschen glücklich machen durch irdische Genüsse, die Stoiker durch Bewahrung der Gemütsruhe, die Kommunisten durch Gütergemeinschaft und Abschaffung des Privatvermögens, die Anarchisten durch Beseitigung aller Vorgesetzten und aller Gesetze, die Liberalen durch Bewilligung schrankenloser Freiheit, die Freidenker durch Abschaffung der Religion. Andere erklären wieder, Musik, Poesie, Kunst, Wissenschaft, Sport, Besteigung hoher Berge und dergleichen machen glücklich. Früher oder später wird jeder dem hl. Petrus Recht geben müssen, der sprach: »Herr! zu wem sollen wir gehen? Du allein hast Worte des ewigen Lebens« (Joh. 6, 68).

3) Wer die Lehren Christi befolgt, wird zwar verfolgt werden; doch die Verfolgungen werden ihm nicht wahrhaft schaden können.

Der hl. Paulus sagt: »Alle, die gottselig leben wollen in Christo Jesu, werden Verfolgungen leiden« (2 Tim. 3, 12).

»Mein Sohn, willst du in den Dienst Gottes eintreten, mache dich auf Anfechtungen gefaßt!« (Sir. 2, 1). Des Christen ganzes Leben ist Kreuz und Marter; wenn er nach dem Evangelium leben will (hl. Augustinus). Ich sage es ganz zuversichtlich: Je weniger fromm jemand lebt, um so weniger wird er Verfolgung leiden (hl. Gregor der Große). Christus sagt: »Der Knecht ist nicht über seinem Herrn« (Matth. 10, 24), d.h. der Knecht hat auf kein besseres Los Anspruch als sein Herr, nämlich Christus. Und wieder sagt Christus: »Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe« (Matth. 10, 16). Sowie den Dieben das Licht zuwider ist, so den Sündern der Gerechte (hl. Chrysostomus). Insbesondere werden uns die Mitmenschen (d.h. die in diesem Leben die Glückseligkeit suchen) für Sonderlinge, ja für Narren halten (1 Kor. 4, 10); sie werden über uns aburteilen (1 Kor. 4, 3); sie werden uns hassen (Joh. 17, 14; Matth. 10, 22) und uns verfolgen (Joh. 15, 20). Die Grundsätze der Weltmenschen stehen eben mit der Lehre Christi in vollständigem Widerspruch. Die Welt, hält jene für töricht, die Christus selig preist (Matth. 5, 3–10).

Doch Christus spricht: »Ein jeder also, der diese meine Worte hört und sie tut, ist mit einem weisen Mann zu vergleichen, der sein Haus auf einen Felsen gebaut hat« (Matth. 7,24).

Ein Sprichwort: Wer auf Gott vertraut, hat auf festen Grund gebaut. David ruft aus: »Viele Drangsale kommen über die Gerechten; aber aus allen diesen rettet sie der Herr« (Ps. 33, 20). Gott verläßt keinen Gerechten. (Ps. 36,25). Womit man uns zu schaden denkt, wird uns von Gott zum Heil gelenkt. Ein guter Christ hat nichts zu fürchten, weder von anderen Menschen, noch vom Teufel. Denn wenn Gott mit uns ist, wer kann gegen uns sein (hl. Chrysostomus)?

4) Eine vollkommene Glückseligkeit ist also auf Erden nicht möglich; denn kein Mensch kann den Leiden vollkommen entgehen.

Der Weltmensch gerät, wie wir gesehen haben, ins Elend, der Gerechte aber wird verfolgt. Dazu kommt noch der Umstand, daß den Krankheiten und dem bittersten Leiden, dem Tode, niemand entgehen kann. »Wo du dich immer befinden wirst, wirst du Leiden haben« (Thomas von Kempen). Christus sagt: »In der Welt werdet ihr immer Bedrängnis haben« (Joh. 16, 33). »Die Erde ist ein Tal der Tränen« (Salve regina). Die Erde ist ein großes Krankenhaus, wo sich ebensoviele Kranke befinden, als Menschen auf Erden leben. Die Erde ist ein Kampfplatz gegen die Feinde unseres Heiles; unser Leben selbst ist ein Kriegsdienst (Job 7, 1). Die Erde ist ein Ort der Verbannung, der fern vom Vaterland liegt (Segneri). Die Erde ist ein hin- und herschwankendes Meer auf dem sich immer wieder Stürme erheben (hl. Vinzenz Ferrer). – Glück und Unglück, Freud und Leid wechseln im menschlichen Leben ebenso ab, wie Sonnenschein und Regen in der Natur. »Mag man noch so große Anstrengungen zur Besserung des Daseins machen, die Gesellschaft wird niemals frei von großer Plage werden; denn Leiden und Dulden ist einmal der Anteil unseres Geschlechtes« (Leo XIII., 1891).

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